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Das Leben feiern

Wenn ich gefragt werde, was mich im Hospiz besonders beeindruckt hat, fällt mir meine Begegnung mit Clara Schwenke* ein. Sie war eine Frau, die bis zum Schluss „Ja“ zum Leben sagte. Obwohl jeder ihr die Krankheit ansehen konnte, zog sie sich nicht zurück. Sie war zugewandt und sprach offen über ihre eigene Endlichkeit.

In unseren Gesprächen drückte sie immer wieder aus, wie dankbar sie sei, im Hospiz zu sein. Ihr gefiel es, von den Köch_innen mit wundervollen kleinen Mahlzeiten verwöhnt zu werden. Die Einrichtung ihres Zimmers behagte ihr. Und nicht zuletzt, dass im Hospiz immer jemand Zeit für ein offenes Gespräch mit ihr hatte.

Es war ihr wichtig, endlich zur Ruhe zu kommen und Zeit zum Schreiben zu haben. Sie schrieb sehr gern Tagebuch und notierte Wünsche für die Zeit nach ihrem Tod. Ihre Familie sollte genau wissen, was sie wollte: „Einen einfachen Sarg, ohne viel Gedöns…“. Statt einer Trauerfeier wollte sie eine Dankbarkeitsfeier mit den Liedern, die sie in ihrem Leben liebte. Der anschließende „Leichenschmaus“ sollte ein schönes Fest werden. Auf diesem Fest sollten sich alle an die gemeinsam erlebte Zeit erinnern. Weniger die Tiefen, eher die Höhen ihres Lebens wollte sie bei gutem Essen und Trinken gefeiert wissen.

Gaumenfreuden bedeuteten ihr die Welt, auch am Lebensende. Einmal in der Woche ließ sie sich drei frische Austern aus dem KADEWE und einen Champagner bringen. Ihre Augen strahlten dabei und voller Genuss hat sie dieses Gericht zelebriert, so auch an ihrem letzten Abend vor ihrem Tod.

Einen Menschen kennenzulernen, der den Tod so bewusst annimmt und dankbar für das Leben ist, das sind für mich die besonders prägenden Begegnungen im Hospiz.

*Name von der Redaktion geändert.