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Hauswirtschaft im Ricam Hospiz – Interview

Warum hast Du angefangen, in einem Hospiz zu arbeiten?
Dies war eine mehr oder weniger zufällige Entwicklung. Als 2006 in meiner Ausbildung zum Altenpfleger das Thema „Tod und Sterben“ bearbeitet wurde, stand auch ein Besuch im Ricam Hospiz an. Der Grundgedanke, die Atmosphäre, der Umgang mit den Patient_innen, Angehörigen und allen Mitarbeiter_innen sowie die Arbeitsweise, die ich dann hier sah, ließen mich nicht mehr los. Ich begann damals mit der Überlegung, wie ich die Hospizarbeit unterstützen könnte. Eine finanzielle Unterstützung durch Spenden war mir nicht möglich. Durch meine Arbeit in einer WG für demenziell erkrankte Menschen, bekam ich mit, wie stark das Wohlbefinden des Menschen gesteigert werden kann, wenn es etwas Leckeres zu essen gab. Als gelernter Bäcker kam mir dann die Idee, mich auf ein Ehrenamt für die Küche in einem Hospiz zu bewerben. Die schnellste Rückmeldung kam vom Ricam Hospiz und seitdem bin ich hier.

Du hast mit einer ehrenamtlichen Tätigkeit im Ricam Hospiz begonnen und seit März 2015 bist Du als Koordinator für die Hauswirtschaft tätig. Wie war Dein beruflicher Weg im Ricam?
Der ist eigentlich schnell beschrieben. Ende 2013 wurde aus einem personellen Engpass heraus eine Anfrage zur Unterstützung im Reinigungsbereich gestellt. Ich war zu dieser Zeit ehrenamtlich in der Küche tätig und las in der Anfrage, dass auch jemand als Minijobber gesucht wird. Ich bot mich an und wurde gleich eingestellt. Seit März dieses Jahres arbeite ich als Vollzeitkraft im Hospiz, wo mit der Leitung und der Zusammenarbeit der einzelnen Teams meine zukünftigen Aufgaben festgelegt werden.

Was genau umfasst Deinen Aufgabenbereich?
Mein Aufgabengebiet ist noch in der Entwicklungsphase. Das Ziel ist, die immer umfangreicheren Aufgaben der Hauswirtschaft in Zusammenarbeit mit den einzelnen Teams zu vernetzen. Diese Zusammenarbeit findet zwischen dem Reinigungspersonal und den Haushandwerkern statt, verknüpft sich mit der Pflege, trifft auf die Küche, geht weiter zur Sozialarbeit und der Buchhaltung, schließt einen Teilbereich der ehrenamtlichen Beschäftigten mit ein, welche in Küche, Reinigung und der Pflanzenpflege arbeiten. Sie reicht darüber hinaus auch weiter in den ambulanten Bereich sowie zur Öffentlichkeitsarbeit und endet schließlich bei der Geschäftsführung.

Was bedeutet in Deinem Aufgabenbereich „Koordinierung“?
Eine Frage, die nicht einfach zu beantworten ist. Aus meinen Beobachtungen über die Jahre hier im Hospiz, gewann ich den Eindruck, hier läuft irgendwie alles von selbst und alles findet zu einem guten Ende. So war ich zunächst überrascht, als die Geschäftsführung, Frau Becker, und die Verwaltungsleiterin, Frau Holtz, mich baten, als Koordinator zwischen den einzelnen Teams in Aktion zu treten. Erst jetzt, wo ich einen tieferen Einblick bekomme, wird mir bewusst, wie arbeitsintensiv dies für Frau Becker und Frau Holtz war und ist.

Vielleicht magst Du das einmal an einem konkreten Beispiel deutlich machen.
Kürzlich musste eine größere Reparatur an einem WC durchgeführt werden. Diese Arbeit musste von einer externen Firma übernommen werden. Hier galt es zunächst mit der Hausverwaltung abzuklären, welche Handwerksfirma in Frage kommt und in welchem finanziellen Rahmen es sich bewegen darf. Danach musste mit dem Pflegeteam besprochen werden, wie die Arbeiten am besten im laufenden Betrieb – Ist das Zimmer belegt? Wird das Bad benötigt? Welches Zeitfenster steht dem Handwerker zur Verfügung? – eingegliedert werden können. Wie in jeder Baustelle, kommen weitere Probleme bei der Durchführung hinzu – Wo wird das Wasser abgestellt? Müssen jetzt für einige Stunden mehrere Bäder still gelegt werden? Betrifft es auch die Küche? Hier muss dann die Information von Seitens des Handwerkers wieder an die einzelnen Bereiche weiter geleitet werden. Dies nimmt Zeit in Anspruch, die von der Leitung für andere Tätigkeiten benötigt wird.

Wie viele Personen arbeiten in der Hauswirtschaft?
In der Reinigung als auch im Handwerk sind je zwei Arbeitskräfte tätig. Manchmal springen hier noch geringfügig Beschäftigte und Ehrenamtliche hinzu. In der Küche arbeiten drei Hauptamtliche, ein Mitarbeiter aus dem Freiwilligen Sozialen Jahr und noch jede Menge Ehrenamtliche (manche sind vor Ort, einige liefern regelmäßig kleine Köstlichkeiten ab und wieder andere helfen bei dem ein oder anderen Event mit – da fehlt mir noch die Übersicht). Hinzu kommen noch die Ehrenamtlichen, die sich um den Grünbereich kümmern.
In der Küche gibt es einen Früh- und einen Spätdienst, der besetzt sein muss. Die Reinigungskräfte sowie die Handwerker sind eher am Vormittag bis in den frühen Nachmittag hin beschäftigt. Dies richtet sich aber auch etwas danach, ob eine größere Veranstaltung ins Haus steht oder gerade in der Reinigung mehrere Zimmer hergerichtet werden müssen wegen neuer Belegungen.

Wie sieht Deine Zusammenarbeit mit den anderen Teams aus, zum Beispiel mit dem Pflegeteam?
Hier leite ich die Wünsche der Pflege (kleinere Reparaturen, starke Verschmutzungen, fehlende Materialien) an den jeweiligen Bereich weiter oder erledige sie selber.


Wie werden Absprachen getroffen zwischen Beschäftigten der Pflege und der Hauswirtschaft oder zum Beispiel des ehrenamtlichen Flower Power Teams?

Pflege und Küche tauschen sich ohne Umwege selbst aus. Die Mitarbeiter_innen der Pflege tragen die Wünsche an die Mitarbeiter_innen der Küche heran und in der Umkehr geben die Küchenmitarbeiter_innen die Erfahrungen der vergangen Tage an Pflegekräfte weiter, die die Patient_innen neu übernehmen. Mängel in den Zimmern werden von den Pflegekräften auf einer Mängelliste notiert, welche die Handwerker dann abarbeiten. Können die Handwerker den Mangel nicht ad hoc beseitigen, geben sie dieses Problem dann an die Leitung weiter.
Im Beispiel mit der Flower Power-Gruppe wird zunächst mit der Leitung des Ehrenamtes ein Termin vereinbart, wann und in welchem Umfang eine Pflanz- oder eine Abräumaktion stattfindet. Danach erhält die Küche eine Info in welchem Umfang und für wie viel Personen eine kleine Verköstigung herzurichten ist. Ebenso ist dafür zu sorgen, dass ein Handwerker Materialien (Pflanzen, Erde, etc.) besorgt und an diesem Tag auch zur Unterstützung zur Verfügung steht. Erforderlich ist es dann auch mit dem Pflegeteam aus dem ambulanten Bereich abzusprechen, wann und wie lange das Auto gebraucht wird.

Wie viel Kontakt hast Du zu den Patient_innen und Angehörigen?
Die Begegnungen beschränken sich eher auf einen kurzen Zeitrahmen. In der Regel, um kleinere Wünsche zu erfüllen, den Pflegekräften zur Hand zu gehen, Mängel in den Zimmern zu begutachten oder auch gleich zu beheben, selten für Gespräche des Zuspruchs.

Dadurch, dass der Bereich neu strukturiert wurde, erwarten Dich wahrscheinlich auch viele neue Situationen. Wie verschaffst Du Dir einen Überblick und wo bekommst Du Unterstützung?

Eine große Hilfe sind für mich Frau Becker und Frau Holtz. Dann gilt es die Unterlagen zu durchforsten und die Eigenheiten des Gebäudes kennen zu lernen. Hinzu kommt die Hilfsbereitschaft der einzelnen Mitarbeiter_innen aus allen Bereichen, die mir Auskunft geben, wie es bisher abgelaufen ist, wer dafür zuständig ist und so weiter.

Magst Du uns Dein schönstes Erlebnis im Hospiz erzählen?
Mit welcher Herzlichkeit mir Kollegen und Kolleginnen (auch von Mitarbeiter_innen des Ehrenamtes) begegneten, als sie erfuhren, dass ich jetzt ein fester Mitarbeiter des Ricam bin.

Vielen Dank für dieses nette Gespräch.
Das Gespräch führt Vera Riesenfeld