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Die Buchhandlung Windsaat

Wie ist die Idee entstanden einen Buchladen mit diesen Schwerpunkt zu machen?

Ich habe schon während meines Studiums Interesse an der Arbeit mit trauernden Menschen entwickelt und mich dann nach meinem Abschluss im Bereich Psychotherapie und Seelsorge zusätzlich zur Sterbe- und Trauerbegleiterin ausbilden lassen. Im Anschluss war ich als Koordinatorin im ambulanten Hospiz und in der psychosozialen Trauerbegleitung tätig. Irgendwann entstand bei mir der Wunsch, einen öffentlichen Ort zu schaffen, an dem Trauer und Sterben Raum haben dürfen.

Ich möchte das Tabu um das Thema Tod brechen und die Arbeit, die oft eher im Verborgenen geschieht, in das Bewusstsein der Öffentlichkeit rücken. Denn der Tod ist nicht einfach irgend ein Thema, er ist existentieller Bestandteil unseres Lebens. 

Die Buchhandlung ist genauso eine (Fach-) buchhandlung für einschlägige Literatur, ein „Kiezbuchladen“, wie auch eine Begegnungs- und Beratungsstätte. Diese Mischung liegt mir am Herzen.

Die Menschen können ohne Termine in die Buchhandlung kommen, ein wenig stöbern, einen niederschwelligen Zugang zu den Themen Sterben, Verlust und Trauer bekommen und einen ersten persönlichen Kontakt aufbauen, ins Gespräch kommen.

Welche Form der Begleitung oder Beratung können Menschen bei Ihnen bekommen?

Ich biete Begleitung,  Beratung und Information in Einzelgesprächen oder in verschiedenen Gruppen an. Das Spektrum ist recht vielfältig und beinhaltet Trauerbegleitung, Begleitung von Angehörigen die Sterbende begleiten, aber auch Beratung bei Themen wie Patient_innenverfügung, Supervision von Fachkräften und vieles mehr. Die Gruppen, welche von mir begleitet werden sind sehr klein (ungefähr sechs Personen) und thematisch spezialisiert. So arbeite ich mit trauernden Kindern, mit Menschen die ihre Lebenspartner_innen verloren haben, trauernde Angehörige nach Suizid usw.

Weiterhin habe ich in der Buchhandlung eine große Auswahl an Büchern für sehr unterschiedliche Menschen zu dem Themenbereich. Oft sind Bücher der erste Zugang, um sich mit einem Thema auseinanderzusetzen oder nach Unterstützung zu suchen. In meiner Buchhandlung gibt es Kinderbücher, beratende Literatur, belletristische, philosophische und biografische Werke, Erfahrungsberichte, Trosttexte, sowie Fachliteratur, Bücher zu den Themen Demenz oder Krebserkrankungen. Darüber hinaus gibt es hier auch einige DVD’s mit Filmen.

An verschiedenen Terminen finden auch Lesungen oder Diskussionsrunden in der Buchhandlung statt.

Welche Menschen kommen zu Ihnen?

Inzwischen kommen meine Kund_innen aus ganz Berlin. Es hat sich anscheinend herumgesprochen, dass es diesen Ort gibt. Zu mir kommen trauernde Menschen genauso wie Fachpersonal.

Zu welchen Zeitpunkt trauernde Menschen zu mir kommen, ist sehr unterschiedlich. Manchmal ist der Verlust noch ganz frisch, manchmal liegt er schon ein oder mehrere Jahre zurück. Es gibt in der Trauer keine festen Regeln. Welche Form der Unterstützung hilfreich ist – also on z.B. das Lesen von Büchern, der Kontakt und Austausch mit anderen Trauernden oder die Begleitung in Einzelgesprächen – ist für jeden und jede ganz individuell. In jedem Fall sind Trauernde nicht psychisch krank, auch wenn Trauerreaktionen oft damit verwechselt werden. Die Gesundheit gerät erst dann in Gefahr, wenn ein Mensch sich nicht den entstandenen Wunden widmen kann. Verdrängung hat auf die eine oder andere Weise immer ungesunde Auswirkungen.

Wann und wo finden die Beratungen und Gruppen statt?

Die Einzelgespräche als auch die Gruppentreffen finden in der Buchhandlung statt. Zu festen Zeiten führe ich Einzelgespräche in einem Zimmer hinter dem Buchladen durch. In dieser Zeit ist meine Mutter vorne im Laden. Die Gruppentreffen finden nach Öffnungszeit hier vorn im Buchladen statt. Das ist oft eine sehr gemütliche Atmosphäre, inmitten der schönen Bücher in einem Kreis zu sitzen.

Woher kommt der Name Windsaat?

Mir war wichtig, einen Namen zu finden der einerseits die Einhait von Fruchtbarkeit, Werden und Vergänglichkeit ausdrückt und andererseits genügend Spielraum für eigene Assoziationen lässt. Das scheint gelungen zu sein. Oft sprechen mich Menschen an und erzählen mir ihre eigenen Interpretationen.

Vielen Dank für dieses Gespräch.