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Letztes Feuerwerk mit Mama

Ich weiß gar nicht mehr, wer diese Idee zuerst hatte: Das neue Jahr an dem Ort begrüßen, an dem doch eher Abschiede stattfinden. Ohne diesen Gedanken genauer zu hinterfragen, hatte ich mich entschieden. Nur noch meinen Sohn überzeugen, Knabberzeug einkaufen – und es könnte losgehen.

Der Gedanke ließ mich trotzdem nicht los. Im Hospiz feiern, mit Bewohnern, die ihr letztes Silvester erleben, mit Angehörigen, denen so gar nicht nach Feiern zumute ist, da ihnen ein schwerer Verlust bevorsteht. So lange war ich doch noch nicht im Hospiz, um zu wissen, ob das geht. Ich begann zu zweifeln. Aber ich hatte mich entschieden. Und so sollte es sein.

Am Silvesterabend um 19 Uhr ging es los. Im Hospiz angekommen, erwartete uns ein wunderschön geschmückter Wintergarten, aber er war leer. Genau das wollten wir ändern. Klopfen an alle Türen, ein Lächeln und die Frage: »Na, wollen wir gemeinsam Silvester feiern?« Ja, wir wollten. Nach kurzer Zeit war eine andere Stimmung. Im Wintergarten saßen einige Patienten und Angehörige da und wollten feiern. Wir wählten schöne Musik aus, für jeden das passende Getränk, öffneten die Knabbertüten, und die Feier konnte starten.

Zu der Zeit hatten wir im Hospiz eine junge Frau, deren Sohn genauso alt wie mein Sohn war, 10 Jahre. Das passte gut und diese beiden amüsierten sich den ganzen Abend auf »ihrer Party«, auf der Terrasse. Es knallte, krachte und blitzte. Sie ließen voller Freude die Terrasse erleuchten und knallten, was das Zeug hielt. Die beiden hatten großen Spaß. Dieser Spaß und diese Freude übertrug sich auch auf die Mutter, die wusste, es ist ihr letztes Silvester mit ihrem Sohn. Sie genoss sichtlich diesen fröhlichen und ausgelassenen Anblick, trotz der Trauer in ihrem Herzen.

Während es draußen knallte und blitzte, sprachen wir drinnen über das Leben und das Sterben. Und – auch das war möglich mit Patienten im Hospiz – über Wünsche für das Neue Jahr. Diese waren mit so viel Liebe und Hoffnung verbunden, für das eigene Leben, den Tod, aber besonders für Familie und Freunde.

Es war schön und berührend zugleich. Wir saßen bis weit in die Neujahrsnacht, sprachen und lachten. Wir hatten Freude an unserer Silvesterparty.

Als ich später meinen Sohn fragte, was ihm spontan zu Silvester im Hospiz einfällt, meinte er: »Naja, Party ist anders, aber es war schön!«

Toska Holtz ist Verwaltungsleiterin der Ricam gemeinnützigen Gesellschaft für Lebenshilfe und Sterbebegleitung mbH.